Stirbt die Generation an fleißigen Wirtsleuten aus?

Umfrage der Woche
15.02.2024

Von: Ute Fuith
Welche Strategien setzen Sie ein, um Ihr Gasthaus am Leben zu erhalten? Wir haben in die Branche reingehört.
Umfrage Wirtshaus

Bild oben: Hubert Kalteis, Reinhard und Silke Guttner, Robert Hatzmann, Karin Wallner

Hubert Kalteis, Gasthof Kalteis, Kirchberg an der Pielach:
Wir haben alle Teuerungen an unsere Kunden weitergegeben und mit viel persönlichem Mehr-Einsatz unseren, besonders im Servicebereich, Mitarbeitermangel mehr recht als schlecht ausgleichen können. Unsere Öffnungszeiten haben wir aber im Sommer antizyklisch erhöht und im Winter unseren Betriebsurlaub verlängert. Die Umsätze haben sich dadurch, auch inflationsbereinigt erhöht, aber das reicht noch immer nicht aus um nach Kreditratentilgung, erhöhten Energiekosten, stark gestiegenen Einkaufspreisen im regionalen Lebensmittelsektor, usw., positiv zu bilanzieren. Inflexible Banken mit steigenden Zinsen sowie falsche und zögerliche Entscheidungen von politisch Verantwortlichen tragen dazu bei, dass uns allmählich „die Luft“ ausgeht. Andererseits gibt es in der restlichen Tourismuswelt kaum noch Länder mit einer derartigen Gastrostruktur. Auch bei uns in Österreich wird es in Zukunft nur noch billige, ungesunde und industriell vorgefertigte Versorgungsgastro einerseits und wirklich teure Highend-Gastronomien auf der anderen Seite geben. Es scheint, dass das politisch gewollt ist (Systemgastronomielehre). Ergo stirbt das gutbürgerliche, gehobene Landgasthof mit 1 bis 2 Hauben und ein paar sauberen, schönen Zimmern, welches Frühstück, Mittagessen mit Menüs für einheimische um 15 Euro plus Gourmetküche mit anschließend regem Schankbetrieb am Abend aus! 

Lösungsansätze: ein völlig neues Steuergesetz, Arbeitszeitflexibilisierung wie in der Landwirtschaft „Belohnungssysteme“ für Verwenden von regionalen Lebensmittel, Schaffung von höheren Investitionsfreibeträgen, höhere finanzielle  Unterstützungen durch den Gesetzgeber, Abschaffung und strenge Regeln bei Paragastronomie (Vereinsfeste ohne gleiche Regeln wie in der Gastronomie, Verbote für kurzfristige Öffnung von Heurigen für familiäre Feiern, usw.)

Da ich nicht glaube, dass das unsere gesetzlichen Vertreter durchbringen und unsere Gesellschaft akzeptieren wird, stirbt unsere Art von Gastronomie mit dieser Generation an fleißigen Wirtsleuten aus.

Reinhard und Silke Guttner, Schupfn, Rohr:
Teuerungen werden wir in unserem Wirtshaus mit Preisanpassungen in Speise- und Getränkekarte kompensieren müssen – wir versuchen den Spagat zwischen Leistbarkeit und wirtschaftlichem Erfolg zu finden. Personalmangel wird mit Eigenleistung der Wirtsleute und Mehrstunden der Mitarbeiter –soweit möglich – ausgeglichen. Unsere Reservierungen werden der Personalsituation angepasst!

Von der Regierung und den Behörden erwarten wir uns Steuererleichterungen, weniger Bürokratie und eine Erleichterung der Überprüfungen (GewO) – wieder mehr Wirt sein und Zeit haben für das wesentliche – unsere Gäste! Unser Wirtshaus hat vor 20 Jahren den Weg der Regionalität eingeschlagen: Unsere Devise ist „Einkaufen beim Bauern“. Das wirkt sich jetzt positiv aus, da unsere Gäste wissen was sie erwartet. Das ist unser USP an dem wir konsequent gearbeitet haben und weiterarbeiten! In Zukunft wollen wir unsere Gäste mit gleichbleibender Qualität bedienen und unser Konzept weiterführen. Wenn nötig werden wir – wie auch schon jetzt – die Öffnungszeiten und die Reservierungen der allgemeinen Situation anpassen. Es gibt auch Überlegungen Preise in den Speise- und Getränkekarten der Saison anzupassen, etwa mit Sonntags- oder Ferienkarten.

Robert Hatzmann, Wirtshaus Mesnersölde, Utzenaich:
Wir haben eine Stammmannschaft, die schon relativ beständig bei uns ist. Mitarbeiter darüber hinaus zu finden, ist fast unmöglich. In der Landgastronomie ist am Wochenende am meisten Betrieb – mit Geburtstagen, Firmungen, Taufen usw. Die Arbeitszeit ist also sehr Wochenendlastig und da findet man keine zusätzlichen Leute. Dabei geht es gar nicht so sehr um die Bezahlung, ich zahle weit über dem Kollektivvertrag, aber den jungen Menschen ist ihre Freizeit wichtiger, als das Geld. Darauf nehme ich Rücksicht indem ich z.B. von Jänner bis März am Sonntagabend geschlossen habe, damit meine jungen Mitarbeiter auch mal was Privates unternehmen können. Das geht zwar auf meine Kosten, aber so kann ich die Leute halten.

Was in der Regierungspolitik fehlt, ist die Differenzierung: Da wird die gesamte Gastronomie in einen Topf geworfen. Es gibt aber sehr große Unterschiede: Unser Betrieb lebt vom einheimischen Gast, wir haben ein Einzugsgebiet von ca. 25 Kilometer. In Tourismusgebieten ist die Situation eine ganz andere, da können die Wirte mehr verlangen und die gestiegenen Kosten an ihre Gäste weitergeben. Bei uns geht das nicht. Die Mischung aus Teuerung und Inflation ist fatal, bei mir sind die Einkaufspreise im vorigen Jahr um 1/3 gestiegen, das kann ich nicht 1:1 weitergeben. Von der Regierung wünsche ich mir Maßnahmen wie während der Coronapandemie, also eine Senkung der Mehrwertsteuer, das wäre für uns Landgastronomen eine Erleichterung. Was die gesamte Branche betrifft sind die hohen Lohnnebenkosten, die müssten gesenkt werden. Jetzt wo wir in einer Überbezahlungsspirale sind, macht sich das richtig bemerkbar: Es gibt zu wenige Mitarbeiter und die, die es gibt, wollen gut bezahlt werden, das ist ja verständlich. Die Überbezahlung in Kombination mit den Lohnnebenkosten sind wirklich erdrückend. Deshalb sperren die Wirten auch am laufenden Band zu. Schließlich muss auch noch laufend investiert werden: Ich habe kurz vor Corona umgebaut und hätte am ersten Lockdownwochenende die Eröffnung gehabt. Jetzt muss ich mich Augenmaß steuern, dass sich das alles ausgeht. Die Situation ist etwas zermürbend, man ist permanent in einer Patt-Situation: Wirtschaftlich müsste man die Preise weitergeben, aber dann würde man Gäste verlieren.

Karin Wallner, Wallnerwirt, Arnoldstein:
Wir sind als Hotel Wallnerwirt ja kein typisches Landgasthaus: Auf Grund dieser Mischung von Beherbergungs- und Gastronomiebetrieb, sowie unserer Lage im Dreiländereck, sind wir sehr gewinnbringend und machen uns um unsere Zukunft aktuell keine Sorgen. Während der Pandemie haben wir alle Mitarbeiter mit raffinierten Konzepten behalten. Dadurch ist auch das Thema Personalmangel bei uns momentan nicht akut. Maßnahmen der Regierung wären aus meiner Sicht: Arbeit belohnen (Überstunden & Mehrarbeit steuerfrei, Lohnnebenkosten senken), Bürokratie/Genehmigungen erleichtern, Streichung der geringfügigen Arbeit bei Arbeitslosengeld und Kontrolle der Krankenstände.

Hans Fromwald, Gasthof Hubertushof Fromwald, Bad Fischau Brunn:
Während der Pandemie hat sich die Regierung eh brav bemüht und uns Geld gegeben, der Umsatzersatz im ersten Pandemiejahr war sensationell, war auch gut und transparent gemacht, aber über die Einkommenssteuer hat sich die Regierung das Geld wieder zurückgeholt. Beim Mitarbeitermangel sind die Arbeitszeiten das Problem: Die Leute wollen von 8 bis 15 Uhr arbeiten, aber nicht am Abend oder am Wochenende. Der gesellschaftliche oder auch familiäre Druck ist so stark, dass die Leute lieber daheim bleiben wollen. 

Was Teuerung und Inflation angeht: Was uns besonders weh tut ist der Strompreis, der so in die Höhe geschossen ist, es hat sich jetzt zwar ein bisschen eingependelt, aber er ist immer noch hoch. Die Gäste sind außerdem sehr sensibel geworden, was erhöhte Preise angeht. Die Menschen scheinen auch mehr Zeit daheim zu verbringen. Wir haben Stammgäste und es kommen laufend neue dazu. Das liegt u.a. daran, dass viele andere Traditionsbetriebe in der Gegend weggebrochen sind. Wir sind im Bezirk Wiener Neustadt, wo viele tausende Betten dazu gebaut wurden. Auch das bringt neue Gäste. Unser großes Glück ist, dass wir seit Generationen immer da und bekannt sind.

Von Politik und Regierung würde ich mir wünschen, dass es keine Besteuerung auf Überstunden mehr gibt, sondern dass der Mitarbeiter das 1:1 ausbezahlt bekommt. Das wäre die größte Hilfe. Man muss den Mitarbeitern schließlich die Möglichkeit geben, mehr Geld zu verdienen. Die jungen Leute wollen mehr verdienen, warum sollens nicht, warum nicht auf eine ehrliche Art und Weise.